Dienstag, 22. April 2008

Auch ohne Verbot: NPD tief im Krisenstrudel

Nachdem die Innenminister von Bund und Ländern gestern im idyllischen Bad Saarow in Sachen NPD-Verbot wieder nicht auf einen grünen Zweig gekommen sind, nahm der Mann aus dem Bergischen Land Anleihen beim stolzen Volk der Dakota. "Einem toten Pferd sollte man nicht mehr die Sporen geben", sagte Bosbach der NRZ.Soll heißen: Weil es auf absehbare Zeit weder im Bundestag, noch im Bundesrat eine Mehrheit für einen erneuten Anlauf Richtung Bundesverfassungsgericht geben wird, die Rechtsextremisten verbieten zu lassen und damit aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu kegeln, seien Staat und Gesellschaft gut beraten, "die Auseinandersetzung mit der NPD im Alltag zu suchen".Wie anderen Verfahrensbeteiligten, so ist auch Bosbach übel aufgestoßen, dass die am Ende fruchtlose Debatte der vergangenen Wochen "die NPD für manche leider noch interessanter gemacht hat". Ein Indiz: Unter dem Motto "Feinde der (Meinungs-)Freiheit sind keine Demokraten!" demonstrierten die Neonazis um Parteichef Udo Voigt dieser Tage selbstbewusst gegen die Innenminister-Konferenz.Die öffentliche zur Schau getragene Stärke der Partei kontrastiert dabei erheblich mit dem laut Verfassungschützern "erbärmlichen Zustand" im Innern. Danach ist die NPD vor allem mit sich selbst beschäftigt, liegt finanziell fast am Boden und trägt einen internen Machtkampf nach dem anderen aus. Beispiele: Bundesschatzmeister Erwin Kemna sitzt seit Februar wegen Verdachts der Geldwäsche in Untersuchungshaft. Münsteraner Staatsanwälte werfen ihm vor, 630 000 Euro aus der Parteikasse "umgeleitet" zu haben.
Seit im Zuge dieser Ermittlungen hemdsärmelige Buchführungen bekannt wurden, sitzt die Bundestagsverwaltung der NPD im Nacken und fordert umfassende Einblicke in so manche Spesenabrechnung. Kemna ist nicht der einzige sogenannte "National-Demokrat", der im Moment mit der Justiz im Clinch liegt. Auch gegen Parteichef Udo Voigt, Parteisprecher Klaus Beier, den Hamburger Landesvorsitzenden Jürgen Rieger, Bundesvorstandsmitglied Jens Pühse und die Thüringer NPD-Oberen Frank Schwerdt und Thorsten Heise sind Verfahren anhängig. In Thüringen spitzte sich zudem dieser Tage der Konflikt zwischen Alt-NPD'lern und gewaltbereiten Neonazis zu. Thorsten Heise, mehrfach vorbestrafte Neonazi-Demo-Führungsfigur, versuchte den Landesvorsitzenden Frank Schwerdt zu stürzen; misslungen - aber für das Binnenverhältnis nicht förderlich. Parteichef Udo Voigt muss sich unterdessen zunehmender Attacken des Fraktionschefs in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, erwehren. Der schrille Agitator will, anders als Voigt, die sieche Deutsche Volksunion (DVU) loswerden, mit der die NPD einen Wahlpakt geschlossen hat. Möglicherweise muss Voigt auf dem Ende Mai in Bamberg geplanten Bundesparteitag dafür mit einer Gegenkandidatur um die Spitze rechnen.
Beobachter aus den Verfassungschutzämtern der Länder wollen darum nicht ausschließen, dass sich die NPD im Schlachtenlärm von SPD und Union um einen erneuten Verbotsantrag "nach und nach heimlich selbst zerlegt".

Quelle: Der Westen (online) vom 18.04.2008/MOBIT

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