Mittwoch, 7. Mai 2008

Alle Jahre wieder: Rechtsextreme Gewalt am Vatertag

Allzuoft schlägt der dumpfe Rausch des Bieres in physische Gewalt um. Vor allem am so genannten „Vatertag“ kommt es immer wieder zu regelrechten Gewaltexzessen. Weit verbreitete Resentiments treten offen zu Tage, die Betroffenen sind meistens Angehörige von Minderheiten: MigrantInnen oder alternative Jugendliche. Im Jahre 2006 überfiel eine Gruppe bekannter Rechtsextremisten drei Migranten mit schwarzer Hautfarbe in Weimar. Vor Gericht verantworten mussten sich für jene Tat kürzlich die vorbestraften Apoldaer Nazis Thomas Wölfel und Maik Lieschke. [1] Verurteilt wurden beide zu Freiheitsstrafen. Auch im Jahre 2007 berichtete ein Indymediabeitrag – wie in den Jahren zuvor - von einer Welle der Gewalt gegen linke Einrichtungen und MigrantInnen am „Vatertag“.
2008 gab es in Apolda mehrere Ausbrüche rechtsextremer Gewalt. Gegen Abend griffen sieben Männer einen Migranten an. Die Angreifer verletzten zudem einen zu Hilfe eilenden Freund des Betroffenen. Zu den Schlägen und Tritten kam eine Verletzung durch eine Bierflasche hinzu. Diese schlugen die Männer einem der beiden über den Kopf.
In Oberroßla spielte sich ein weiterer Zwischenfall ab. Am frühen Abend attackierten dort 20 Rechtsextreme feiernde Anwohner. Ein Oberroßlaer soll hier ebenfalls durch den Schlag mit einer Flasche im Gesicht verletzt worden sein. Als die Polizei eintraf, leistete die Gruppe der Nazis Widerstand, woraufhin auch ein Polizist Verletzungen erlitt. Fünf Personen der extrem rechten Szene wurden festgenommen. [2]

Exkurs zum Thema „Vatertag“

Besondere Bedeutung wurde dem „Vatertag“ im Nationalsozialismus beigemessen, zum einem um klassische Rollenverteilung zu festigen, zum anderen um die christliche Bedeutung – die Himmelfahrt Christi – zu überzeichnen. Im Nationalsozialismus waren die Geschlechter – mehr als dies ohnhin der Fall war/ist - klaren Rollen unterworfen: So machten die Nazis auch den „Muttertag“ zum gesetzlichen Feiertag und verknüpften die Rolle der Mutter/Frau mit dem „Gedanken einer Heldin am eigenem Volke, die dieses durch verstärkte Produktion von Nachwuchs fördere“. [3]
Die Frau diente also als passive „Gebärmaschine“ der Zucht neuer Soldaten. Die Männer hatten im Wehr- und Reservedienst ständig kampfbereit zu sein und in ihren jeweiligen Positionen und Ämtern den Führern zu dienen. Es war eine gesellschaftliche Ordnung, deren Zweck einzig und allein die Allmachtsfantasien des „deutschen Volkes“ realisieren sollte – klare Hierarchien und Geschlechterollen hatten das Ziel die Menschen zu militarisieren, damit sie funktionieren.

Die Zeitschrift des freien Hamburger Senders FSK, schrieb zum „Vatertag“ in ihrer Zeitschrift „Transmitter“:
Woher kommt denn nun aber dieser Brauch, den keine(r) braucht?

Die Tradition des Vatertags, der auch „Herrentag“ oder „Herrenpartie“ genannt wird, geht auf das 18. Jahrhundert zurück und war eine Art Wandertag. Seit 1936 ist Christi Himmelfahrt offiziell gesetzlicher Feiertag in Deutschland, zudem soll der Begriff „Vatertag“ das erste Mal 1941 im nationalsozialistischen „Handbuch der deutschen Volkskunde“ aufgetaucht sein. Besonders im 20. Jahrhundert wurde der Vatertag das, was er heute noch ist: der Tag des Trinkens.
Dass der Begriff „Vatertag“ das erste Mal seine Erwähnung in der NS-Zeit fand, verwundert einen bei den Nachrichten der letzten zwanzig Jahre über diesen Tag gar nicht. Immer wieder kam und kommt es an diesem Tag zu rassistischen, sexistischen und homophoben Anfeindungen und Übergriffen, und dieses bei weitem nicht nur von organisierten Nazibanden. Ein besonderes Datum stellt hierbei Himmelfahrt 1994 dar, als es in der Magdeburger Innenstadt zu einer stundenlangen Hetzjagd auf Migrant/innen kam.
Auch in Hamburg und Schleswig-Holstein kommt es an diesem Tag immer wieder zu größeren Nazi-Treffen, so z. B. in Barmstedt, wo sich Nazis seit mehreren Jahren am Rantzauer See treffen, um sich dort Mut anzutrinken und dann alternative Jugendliche anzugreifen und zu verletzen.

Und zu guter Letzt hat natürlich auch die BILD- Zeitung noch einige brauchbare Tipps für diesen Tag: „Männer, das ist euer Tag! Feiern, trinken, fröhlich sein – und alles ohne Frauen! Das macht richtig Freude. Wenn da nicht der Kater danach wäre ...“ „Oberstes Gebot: Viel Wasser trinken – selbst wenn’s schwer fällt.“ Und „was passt außer ein paar Umtrunks noch zum Vatertag?“ „Wie wäre es mit ein paar Frauenwitzen? Oder ein kleines Quiz zum Thema Bier?“[4]

[1] TA - 15.04.08 - Freiheitsstrafen für Himmelfahrtsschläger
[2] TA - 03.05.08 - Polizei setzte rechte Schläger bei Oberroßla fest
[3] Wikipedia - Begriff: Vatertag - zitiert nach Version vom 03.05.08
[4] Programmschrift des freien Radios FSK Hamburg vom April 2008

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